Hier werden Vor- und Nachteil von Abstinenznachweisen per Haaranalysen oder Urinanalysen besprochen.
Abstinenznachweise über Haaranalyse oder Urinanalyse?
Häufig ist die Voraussetzung für ein positives Ergebnis bei der MPU, dass der Kandidat einen Abstinenznachweis vorlegen kann. Der Begriff "Abstinenz" stammt aus dem Lateinischen: Abstinere bedeutet "sich enthalten" bzw. "fernhalten". Bei einem Missbrauch, oder eine Abhängigkeit von Alkohol oder Drogen, ist in der Regel ein Abstinenznachweis von zwölf Monaten gefordert. - In Ausnahmefällen, wenn der missbräuchliche Umgang mehrere Jahre in der Vergangenheit liegt, werden sechs Monate Abstinenz gefordert. Wenn die Darstellung des Klienten in der MPU nicht ganz schlüssig ist, so fordern Gutachter aber manchmal dennoch 12 Monate.
... Mit einer Haaranalyse kann man in die Vergangenheit "schauen".
Die Urinanalyse ist immer in die Zukunft gerichtet: Alkohol (Ethyglucoronid, EtG) 3 Monate bzw. 3 cm Haar, Betäubungsmittel (BtM) 6 Monate bzw. 6 cm Haare
mpu-vorbereitung-stuttgart.de, Reinhard Barth, Fachpsychologe für Verkehrspsychologie (BDP), amtlich anerkannter verkehrspsychologischer Berater nach § 71 Abs. 2 FEV, Tel 0711 / 6 40 50 14
Urinanalyse - Abstinenzprogramm
Eine Urinanalyse muss als Abstinenzkontrollprogramm durchgeführt werden, das auf einen bestimmten Zeitraum angelegt ist und durch einen Abstinenzvertrag „zu laufen beginnt“. Der Begriff „Abstinenzprogramm“ bedeutet: Den Untersuchungstermin bestimmt das Labor im Zufallsverfahren. Der Kandidat muss innerhalb von 24 Stu das Labor aufsuchen. Wird ETG (Ethylglucoronid, Alkoholstoffwechselprodukt) gefunden, so bricht das Labor einseitig das Abstinenzkontrollprogramm ab. Im Gegensatz hierzu kann man den Untersuchungstermin bei einer Haaranalyse „frei“ wählen. Es gibt einen gewissen zeitlichen „Puffer“ von einer Woche.
Zu Beginn muss der Zeitraum feststehen in dem die Person überwacht wird, und zu wie vielen Screenings (Untersuchungen) sie einbestellt werden sollen. Für die MPU ist nach den Beurteilungskriterien für Fahreignung ab 01.05.2014 die Sache wie folgt geregelt:
Abstinenzzeitraum von 6 Monaten - Beibringung von mindestens 4 unauffälligen Urinproben
Abstinenzzeitraum von 12 Monaten von mindestens 6 unauffälligen Urinproben
Wer entscheidet über die Dauer des Abstinenznachweises?
Das Labor entscheidet nicht über den Zeitraum. - Handelt es sich um eine Begutachtungsstelle an der der Kanidat den Abstinenznachweis absolviert, so wird im in der Regel zu 6 Monaten Abstinenz geraten, versehen mit dem Hinweis, dass sein MPU-Berater entscheiden soll, ob eine Verlängerung nötig sei. Das ist eine Mogelpackung von Anfang an. Der Berater hat dann das Problem zu erklären, warum nun doch 12 Monate Abstinenz nötig sind.
Es ist auch nicht die Aufgabe der Führerscheinstelle eine Entscheidung über die Dauer des Abstinenznachweises zu fällen. Das ist die Aufgabe der niedergelassenen Verkehrspsychologen. Streng genommen entscheidet aber die Vernunft, wie lange der Abstinenznachweis dauern soll. Der Verkehrspsychologe wendet nämlich die Beurteilungskriterien für Fahreignung an, um eine Entscheidung über die Dauer des Abstinenznachweises zu fällen (siehe auch Abstinenznachweis 6 oder 12 Monate).
Sollte eine Verlängerung des Vertrages notwendig sein, muss diese innerhalb der Laufzeit des bestehenden Vertrages erfolgen, so dass keine zeitlichen Lücken in der Abstinenzkontrolle entstehen. Bei einer Vertragsverlängerung muss man bei letzten Screening dem Labor mitteilen, dass man verlängern will. Für diesen Fall fordern die Begutachtungsleitlinien ab 01.05.2014 mindestens 3 weitere gültige Kontrollen pro Halbjahr.
Sind für den Guachtacher Abstinenznachweise per Haar- oder Urinanalysen besser?
Urinanalysen sind gebräuchlicher
Aus einem bestimmten Blickwinkel ist ein Drogenfreiheitsnachweis per Urinanalyse sicherer. Bei Urinanalyse ist es ist in der Tat so, dass man auf Grund der großen zeitlichen Abstände zwischen den einzelnen Tests (6 in einem Jahr sind schlichtweg viel zu wenige) das System unterlaufen kann. Allerdings erfasst man einen zeitnahen Drogen- / Alkoholkonsum mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit. (Deshalb hier auch das Problem mit geringen Alkoholmengen in Nahrungsmitteln oder Mohnsamen mit Spuren von Morphin beim Verzehr von Mohnkuchen.)
Das System der Urinkontrollen basiert auf der Idee, dass man mit kurzfristigen, unvorhersehbaren Einbestellung, durchaus eine Kontrolle ausüben könnte. Das Problem ist aber, dass aufgrund der geringen Testzahl die Wirkung zum Teil wieder verpufft. Immer wieder kommt es aber vor, dass sich Probanden in den Nachweiszeiten verschätzen und dann beim nächsten Test doch hereinfallen.
Haaranalysen - Drogenkonzentrationen
Aber auch die Haaranalyse hat ihre methodischen Schwierigkeiten. Das Hauptproblem ist der Umstand, dass ein geringer / sporadischer Konsum nur zu sehr geringer Einlagerung im Haar führt. Dieses gilt insbesondere für Cannabis. Trotz empfindlicher Nachweismethoden und niedriger Grenzwerte gehen geringe Drogenkonzentrationen in der Haarmenge unter und entgehen somit dem Nachweis. Bei Ethylglucuronid kann somit auch ein gelegentlicher oder geringer regelmäßiger Alkoholkonsum unentdeckt bleiben.
... Alkohol bzw. Ethanol wird zu Ethylglucoronid (ETG) verstoffwechselt.
Über das System von Blutgefäßen gelangt das Ethyglucoronid in die Haarwurzeln und in die Haare. Dort kann man mit einem LC-MS/MS (Liquid-Chromatographie-Massenspektometrie/Massenspektometrie) das ETG nachweisen.
Die Analyse von 3 cm kopfhautnahmen Haar ist erlaubt (3 Monate entsprechend der Wachstumsdauer der Haare, 1 cm pro Monat).
Bei Drogen - vor allem Cannabis - kommen auch noch Störeinflüsse dazu, die zu falsch positiven Befunden führen können. So kann bei Passivkonsum, wenn andere Personen konsumieren und die Cannabinoide von außen auf das Haar eines Nichtrauchers aufgelagert werden, zu positiven Befunden führen.
Ähnliches kann auch durch Umgang (nicht Konsum) mit anderen Drogen passieren, wenn diese irgendwie ins Haar gelangen). Abstinenzbeweise gibt es somit mit beiden Methoden streng genommen nicht.
Antragungen von THC auf Haare
Das Problem der falsch postiven Befunde gibt es z.B. bei Eheleuten, wenn beide Partner jahrzehntelang Cannabis konsumieren und nicht beide den Konsum einstellen. Oft ist es so, dass beide Partner zwar aufhören, aber einer dann wieder (heimlich) anfängt. Der rückfällige gewordene Teil der Ehe konsumiert dann z.B. im Bad, damit der andere nicht gestört wird (Winter). Wenn dann aber der abstinente Partner das Bad benutzt, wird er immer wieder mit dem Rauch konfrontiert (Winter). Die Exposition - das Ausgesetztsein des Organismus gegenüber externen Einflüssen - muss mehrere Stunden dauern, oder sich oft wiederholen, damit das THC auf die Haare und dann in die Haare gelangen kann (Nachweisbarkeit von Suchtstoffen).
Gehen Sie direkt zum toxikologischen Labor und nicht zur MPU-Stelle
Haaranalysen kann man direkt beim Toxikologischen Labor absolvieren und kann da den Zwischenhandelsaufschlag, den die Beguachtungstellen für Fahreignung (BfF) verlangen einsparen. Eine Begutachtungsstelle, bei der man die MPU durchführen kann, ist kein Toxikologisches Labor. Toxikologische Labor bieten die Abstinenznachweise, Freiht von Alkohol- und Drogenchweise auch nicht ausschließlich. Ihr Hauptgeschäftsfeld dürften die Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzte sein, die ihnen Probenmaterial von Patienten zusenden. Man muss sich klar machen, dass ein LC-MS/MS, das man für die Analyse benötigt einen Anschaffungspreis von 500 000,- bis 700 000,- Euro bedeutet. Die Maschine rechnet sich erst bei einem sehr hohen Untersuchungsaufkommen.
Zusammenfassung
Abstinenzbeweise gibt es somit mit beiden Methoden streng genommen nicht. Beide Methoden lassen sich in einem bestimmten Rahmen "austricksen" und "unterwandern". Der MPU-Kandidat verschätzt sich bei diesen Versuchen dann aber unter Umständen doch und wird dann bei der Untersuchung positiv. ("Positiv" i.S.v. es wird Etwas gefunden.)
Hier nun die Zusammenfassung der Vor- und Nachteile der beiden Verfahren, mit denen der MPU-Kandidat seinen Verzicht auf Alkohol oder Drogen nachweisen kann.
Urinanalysen
Vorteil Urinanalyse
Hohe Genauigkeit, die auch ein Nachteil sein kann
Nachteil
Man muss bei Einbestellung innerhalb von 24 Stu. das Labor aufsuchen.
Es sind viel zu wenige Einbestellungen. Der Kunde gerät dadurch in die Versuchung, das Programm „austricksen“ zu wollen, was dann auch schiefgehen kann.
Haaranalyse
Vorteil
Das Nachweisfenster ist viel größer. Man kann bei Alkohol 3 Monate und bei Drogen 6 Monate "zurückanalysieren". (Ein Zenterimeter Haar entspricht einem Monat.) Bei Alkohol, bzw. seinem Metaboliten "Ethylglucoronid" (ETG), sind nicht mehr als 3 Monate möglich, da mit der Haarpflege das ETG herausgewaschen wird.
Man ist zeitlich nicht so gebunden (keine Einbestellung innerhalb von 24 Stunden).
Nachteil Haaranalyse
Die Genauigkeit ist gering. a Bei Drogen können geringe Konsummengen unentdeckt bleiben. b Bei Alkohol bzw. Ethylglucuronid (ETG) kann ein gelegentlicher, oder geringer, Alkoholkonsum unentdeckt bleiben.
Cannabinoide können von außen auf das Haar eines Nichtrauchers aufgelagert werden (Passivkonsum) und dann nachgewiesen werden. Ähnliches kann auch durch Umgang (nicht Konsum) mit anderen Drogen geschehen, wenn diese ins Haar gelangen (Anhaftungen an den Händen).